Musik – Huni Kuin-Gitarre

terralat bedankt sich herzlich bei Inu Keã Huni Kuin für die Interpretation und Bereitstellung des Liedes.

Der Interpret

Inu Keã Huni Kuin ist ein junger Sänger aus dem Dorf Boa Vista am Rio Jordão. Er stammt aus einer Familie von kulturellen Anführern und ist ein Schüler seines Vaters, einem respektierten Kräuterheiler.

Das Lied

Dies ist eine von vielen Versionen eines Liedes, welches die Boa als Herrin der verschiedenen Sphären des Kosmos preist. Es wird unter anderem am Ende von Zeremonien mit nixi pae gesungen, um die Anwesenden von der psychedelischen Wirkung und Krankheiten im Allgemeinen zu heilen.

Die Gitarre ist ein Instrument, das mit den portugiesischen Kolonisatoren zu den Huni Kuin kam, einer indigenen Gesellschaft im westlichen Amazonien.

Der erste Kontakt mit nicht-Indigenen ereignete sich vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts, als Kautschukzapfer in das Grenzgebiet zwischen Peru und Brasilien strömten. Für die Huni Kuin bedeutete dies zunächst Gewalt und Vertreibung, schließlich die faktische Versklavung als Arbeitskräfte für Kautschukhändler.

In den folgenden Jahrzehnten gaben sie viele ihrer kulturellen Praktiken auf, teils, um sich vor Diskriminierung zu schützen und teils, da ihnen manche Praktiken verboten wurden. Nach Erringung von Landrechten ab den 1980er Jahren blüht die Kultur der Huni Kuin jedoch wieder auf und wird durch ein kollektives Bemühen wiederbelebt. Dabei fungieren alte Huni Kuin, die das Wissen ihrer Vorfahren im Geheimen bewahrt haben, als Lehrmeister*innen, während eine junge Generation Wege findet, Tradition mit Innovation zu verbinden.

Die hier ausgestellte Gitarre steht sinnbildlich für diesen Prozess und gleichzeitig für die enorme Bedeutung der Musik in ihm. Sie ist das Lieblingsinstrument der jungen Sängerinnen und Sänger. Viele beginnen schon im Alter von sechs Jahren, Gitarre zu spielen, um es später ihren älteren Verwandten gleichzutun, die seit Anfang der 2010er Jahre international gefragt sind. Das globale Interesse am amazonischen Schamanismus und insbesondere dem psychedelischen Trank Ayahuasca sind die Grundlagen des Erfolgs von Sängerinnen und Sängern, die Ayahuasca-Rituale und weitere Praktiken der Huni Kuin mit älteren, rein vokalen Liedern und neueren Kreationen mit der Gitarre begleiten.

Es sind diese globalen Verflechtungen, durch die die Gitarre meistens in Form von Geschenken in die Dörfer der Huni Kuin wandert, wo sie manchmal mit geometrischen Mustern oder figürlichen Darstellungen verziert wird, um sie als ein Stück der Kultur der Huni Kuin auszuweisen. Auf dem obigen Bild ist sie mit der weißen Boa Constrictor versehen, welche für die Huni Kuin die Hüterin des Wissens um Ayahuasca ist. Auch repräsentiert sie durch die Fähigkeit, sich zu häuten, Unsterblichkeit. In Ritualen hört man oft das Motto: „a jiboia não para“, die Boa hört nicht auf. Damit ist sie der Musik und der Kultur der Huni Kuin gleich – durch die Transformation bleibt sie am Leben. 

Felix Uhl (Philipps-Universität Marburg)

Literatur

Keifenheim, Barbara (1999): „Zur Bedeutung Drogen-induzierter Wahrnehmungs veränderungen bei den Kashinawa-Indianern Ost-Perus“. Anthropos 94 (4): 501–514.

Lagrou, Els (2018): „Anaconda-Becoming. Huni Kuin Image-Songs, an Amerindian Relational Aesthetics”. Horizontes antropológicos 51: 17–49. 

Meneses, Guilherme Pinho (2018): “Medicinas da floresta. Conexões e conflitos cosmo-ontológicos”. Horizontes antropológicos 51: 229–258. 

Haibara de Oliveira, Alice (2016): Já me transformei. Modos de circulação de pessoas e saberes entre os Huni Kuin (Kaxinawá). Unveröffentlichte Masterarbeit. Universidade de São Paolo.

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