Feste – Tanta Wawas

Das Allerheiligenfest – auf Spanisch todos santos, spielt in der bolivianischen Gesellschaft eine wichtige Rolle und wird von einer Reihe von Kontinuitäten, aber auch Veränderungen geprägt. 

Wie jedes Fest spielt auch todos santos eine wichtige Rolle innerhalb der Gesellschaft und dient der Reflexion der Herkunftsgesellschaft.

Todos santos ist ein Fest voller Emotionen und Ehrfurcht vor den Seelen der Ahnen. Es wird von einer Reihe von Ritualen in den ersten beiden Novembertagen begleitet. Wie andere christliche Feste wurde es von den Europäern nach Lateinamerika gebracht und trägt denselben christlichen Namen. Allerdings sind diese Feste oftmals stark von indigenen Kultureinflüssen geprägt. So wird Todos Santos von der Tiahuanaco-Kultur beeinflusst, bei der die Verstorbenen am Totenfest aus ihren Gräbern geholt wurden.

Die Vorbereitung für Todos Santos beginnen bereits in den letzten Oktoberwochen. Dafür wird ein Altar – der Mast`aku – liebevoll vorbereitet und im Haus aufgestellt. Darauf finden sich die Lieblingsspeisen und -Getränke der Verstorbenen, Chicha, Kokablätter und Süßigkeiten. 

Eine besondere Rolle spielen dabei die hier abgebildeten tanta wawas. Dabei handelt es sich um Figuren aus einer Teigmasse mit Tonmasken – sie repräsentieren die Verstorbenen. Außerdem werden aus derselben Teigmasse Treppen und Pferde gebacken und zusammen mit den Tanta Wawas auf dem Alter platziert. Die Treppen und Pferde sollen den Aufstieg in das Reich der Toten erleichtern. 

Vor den Häusern wird eine Fahne gehisst, die den Ortsansässigen mitteilt, dass hier ein Altar für eine Person aufgestellt wurde, die nach dem letzten Todos Santos verstorben ist. Diese besuchen schließlich den Altar und sprechen mit den Angehörigen Gebete für die Verstorbenen. Anschließend erhalten die Besucher ein Päckchen mit Gebäck und es wird zusammen gegessen und getrunken. Für Personen, deren Tod weniger als drei Jahre zurückliegt, werden üppigere Altare aufgestellt. 

Am 1. November kehren die Seelen der Verstorbenen zur Mittagszeit ins Reich der Lebenden zurück, um mit ihren Angehörigen zusammen zu sein. Zur Mittagszeit des 2. November kehren die Seelen der Verstorbenen wieder ins Reich der Toten zurück. Dabei verspeisen die Angehörigen am Grab der Verstorbenen die zubereiteten Speisen und lassen übriggebliebene Speisen und Getränke zurück, da nichts wieder mitgenommen werden darf.

Das Fest hat also viele Gemeinsamkeiten mit dem mexikanischen Día de los Muertos.

Das Fest endet oftmals mit Tanz und Trinkgelagen, weshalb insbesondere in größeren Städten auf den Friedhöfen die Behörden dafür sorgen, dass es nicht zu Exzessen kommt.

Mathias Hartmann (Goethe-Universität Frankfurt)

Literatur:

Hartmann, Mathias (2021): Feldtagebuch. Cochabamba und La Paz, Bolivien

Jiménez Claros, Sonia Elizabeth (2019): Mirada a la fiesta de Todos Santos de Cochabamba – Bolivia. Malaga. XX Encuentro de Cementerios patrimoniales. Los cementerios como recurso cultural, turístico y educativo, Málaga

Lessmann, Robert (2004): Zum Beispiel Bolivien. Göttingen: Lamuv

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Osterinsel – Moai

Als Moai werden die Steinfiguren auf der Osterinsel bezeichnet und sind Teil von Zeremonialanlagen, wie sie im polynesischen Raum bekannt sind.

Von 1969 bis 1976 ermittelte man 887 Steinfiguren, wobei man von ursprünglich über 1.000 Moai ausgeht. Sie sind wahrscheinlich nicht älter als 1.500 Jahre.

Die Figuren stellen vermutlich wichtige Oberhäupter dar und dienen als Bindeglied zwischen Dies- und Jenseits. 

Bei den Moai handelt es sich nach aktuellem Stand der Forschung um ausschließlich männlich Figuren. Sie haben tiefe Augenhöhlen, die weiß bemalt wurden. Markant sind die langgezogenen Ohrläppchen. Zu sehen ist jeweils nur der Torso, wobei man herausfand, dass unterirdisch auch der Rest des Körpers vorzufinden ist. Die Figuren sind Teil laufender Forschungsarbeiten – durch neue archäologische Funde werden bisherige Erkenntnisse stetig ergänzt und (neu) diskutiert.

mh

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Arizona – Katsina-Figur

Als Katsina bezeichnet man bei den Hopi und Zuni im Südwesten der USA drei Dinge. So werden erstens Geister von Naturerscheinungen in Tierform, als Pflanze oder Ahne als Katsina bezeichnet. Zweitens werden maskierte Tänzer als Katsina (im Plural Katsinam) bezeichnet. Diese Tänzer stellen den entsprechenden Geist dar. Drittens stellen figürliche Darstellungen, wie hier in der digitalen Vitrine ausgestellt, ebenfalls den Geist dar.

Seit 1900 sind die Figuren insbesondere bei weißen Touristen beliebte Sammelobjekte. Daher stellten viele Hopi diese Figuren unter kommerziellen Gesichtspunkten her, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Herstellung gilt als hohe Schnitzkunst. Kommerzielle Figuren werden zwischen 500 und 10.000 US-Dollar gehandelt und werden auch auf sogenannten indianischen Kunstmärkten vertrieben. Ältere Figuren wurden 1997 und 2006 für je 260.000 US-Dollar bei Sotheby`s versteigert. Bekannte Sammlungen befinden sich im Heard Museum in Phoenix und im Southwest Museum in Los Angeles.

mh

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Amazonas – Xingu-Figur

Als Xingu werden verschiedene Gruppen am Oberlauf des Rio Xingu im Amazonasgebiet bezeichnet, die vier verschiedene Sprachen sprechen. Es handelt sich also um einen Sammelbegriff für unterschiedliche Gruppen.

Für die Indigenen am Oberen Xingu wurden die ersten Menschen von einem Halbgott geschaffen. Dieser flößte durch den Rauch seiner Pfeiffe abgesägten Baumstämmen Leben ein. Dazu zählte auch die Mutter der Zwillinge Sonne und Mond, die Prototypen der ersten Urmenschen darstellten. Ihr zu Ehren wurde das erste Fest der Toten zelebriert, das heute das wichtigste Fest der Xingu ist. Dabei wird der Schöpfungsakt reinszeniert und es kommt zu Initiationsriten für junge Männer und Frauen.

Totenfeste mit indigenen Einflüssen lassen sich u.a. auch in Mexiko mit dem Día de los Muertos und Bolivien mit Todos Santos beobachten.

mh

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